„Scharfsinn und gelöste Herzlichkeit“
Conrad Habicht, 1876 – 1958
so beschreibt Albert Einstein selbst die Atmosphäre in der von ihm gegründeten Runde. Die „Akademie Olympia“ – das sind drei junge Männer im Jahre 1902 in Bern, die der Zufall, ja man möchte fast glauben gezielt zusammenführt hat. Zwei von ihnen – Conrad Habicht und Maurice Solovine – sind noch eifrig mit ihrem Studium beschäftigt. Mathematik und Philosophie sollen gründlich erforscht werden. Und der Dritte, von allen der jüngste – Albert Einstein – er ist schon fertig mit seinem Studium der Physik und als stolzer Inhaber des „Eidgenössischen Polytechnischen Fachlehrerdiploms“ seit längerer Zeit unermüdlich auf der Suche nach einer festen Anstellung.
Wohl aus Neugierde und Spaß an der Unterhaltung treffen sich die drei regelmäßig fast jeden Abend, meist in der Wohnung von Albert Einstein, um „in kindlicher Freude sich zu ergötzen an allem, was klar und gescheit ist“. Gemeinsam lesen sie aus den Werken großer Wissenschaftler und Philosophen und diskutieren die niedergeschriebenen Gedanken oft bis in die frühen Morgenstunden. Geschaffen wurde diese Akademie aber auch „um sich über die großen, alten und aufgeblasenen Schwestern lustig zu machen“. Gemeint sind hier die großen, etablierten Wissenschafts-Institutionen, also die Universitäten, Akademien und wissenschaftlichen Gesellschaften, mit denen Albert Einstein damals schon seine ersten – scheinbar nicht immer nur positiven – Erfahrungen gesammelt hat. Offensichtlich empfindet er für diese straff organisierten und streng hierarchisch geführten Einrichtungen weniger Bewunderung als vielmehr Verachtung.
Albert Einstein, 1879 – 1955
Maurice Solovine, 1875 – 1958
Die recht selbstbewusste Einstellung von Albert Einstein und sein nach Freiheit und Unabhängigkeit strebender Geist bringen ihm aber nicht immer nur Vorteile ein! Das muss er gerade in der Zeit um 1900 schmerzlich erfahren, denn seine ablehnende Haltung gegenüber diesen wissenschaftlichen Institutionen spiegelt sich wieder in den zahlreichen Absagen, die er erhält, nachdem er sich bei Universitäten im In- und Ausland um eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent beworben hatte. Durch die Vermittlung seines Studienkollegen Marcel Grossman findet er schließlich eine Anstellung beim Patentamt in Bern. Am 23. Juni 1902 beginnt er dort seinen Dienst als „Technischer Experte III. Klasse“. Er arbeitet jetzt also nicht als Wissenschaftler – wie er sich das eigentlich gewünscht hätte – sondern als Beamter der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Vermutlich nicht ganz ohne Stolz, dafür aber mit umso mehr Witz und Selbstironie teilt er den Menschen in seinem Umfeld mit, dass „die dumme Sache um die Hungerleiderei“ nun endlich ein Ende habe, weil er als „ehrwürdiger eidgenössischer Tintenscheisser“ jetzt ein „ordentliches Gehalt“ beziehe.
Rückblickend betrachtet war es wohl mehr ein Segen als ein Fluch, eine glückliche Fügung des Schicksals, dass Albert Einstein nicht aufgenommen worden ist in den Wissenschaftsbetrieb seiner Zeit. Denn dort hätte er sich fügen müssen, sich der „herrschenden“ Meinung unterordnen, sich anpassen an den eingefahrenen, durchorganisierten Lehr- und Forschungsbetrieb in den Universitäten und dann natürlich auch den Anweisungen der vorgesetzten Professoren Folge leisten. So aber konnte dieser jugendlich-rebellische, von Eigensinn und Unabhängigkeit geprägte, scharfsinnige und geniale Geist am Leben bleiben, sich weiter entwickeln, und nicht zuletzt in den Sitzungen der „Akademie Olympia“ ungestört heranreifen und sich vollkommen frei entfalten. Genau dieser Geist war es nämlich, der es Albert Einstein im Jahre 1905 ermöglicht hat, fünf eigenständige Arbeiten zu veröffentlichen, die zusammen eine der größten Revolutionen in der Geschichte der Wissenschaften auslösen sollten. Ich bin überzeugt, nur wenn ein Mensch in der Lage ist, vollkommen frei und unabhängig zu denken, wenn er bereit ist, die herrschenden Paradigmen aufzugeben und es ihm so möglich wird, sich aus dem engen Korsett aus einschränkenden Konventionen und vermeintlich schon bestens bekannten Naturgesetzen zu befreien, nur dann kann es ihm gelingen, die bestehenden Denkblockaden zu durchbrechen, alle Bedenken und Hindernisse hinter sich zu lassen, und in vollkommen neue und ungeahnte Dimensionen der Erkenntnis und des Wissens vorzustoßen.
Akademie Olympia 2.0? Was bitte soll das sein??
Die Idee ist, mit der Akademie Olympia 2.0 einen Raum zu schaffen, in dem durch die Abwesenheit von akademischen Autoritäten und dem strengen Verzicht auf wissenschaftliche Hierarchien genau die eingangs beschriebene Atmosphäre von „Scharfsinn und gelöster Herzlichkeit“ entstehen kann, in der damals die genialen Ideen von Albert Einstein geboren wurden. Verbunden ist damit die Hoffnung, dass in dieser gelösten herzlichen Atmosphäre der jugendlich-rebellische, nach Freiheit und Unabhängigkeit im Denken strebende, scharfsinnige und geniale Geist wieder aufersteht und sich in spannenden, tiefgründigen Gesprächen mit gleichgesinnten Charakteren bedingungslos und vollkommen frei entfalten kann.
Willkommen sind uns „alle guten Geister“ der Physik, also Menschen, die von der Natur, von Wissenschaft und Forschung begeistert sind, die sich gerne mit Gleichgesinnten über ihre Ideen austauschen und Freude an tiefsinnigen philosophischen Gesprächen haben. Vor allem aber hoffen wir, Menschen kennen zu lernen, die sich auf scharfsinnige, kontroverse Diskussionen freuen und natürlich auch das gesellige Beisammensein unter Ihres Gleichen in gelöster herzlicher Atmosphäre zu schätzen wissen. Grundlage für die gemeinsamen Abende, sozusagen „Die Philosophie der Akademie“ ist es, dass alle Teilnehmer sich auf Augenhöhe begegnen und sich dann auf einer freundschaftlichen Basis mit Witz und Humor über ihre Ideen miteinander unterhalten. Grundkenntnisse in Physik sind zwar von Vorteil, werden aber nicht zwingend vorausgesetzt. Entscheidend ist allein das Interesse an der Natur und der innige Wunsch, ihre grundlegendsten Zusammenhänge verstehen zu lernen. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob jemand schon hochdekorierter Professor an einer Universität ist oder gerade erst mit einem Physikstudium beginnt. Leidenschaftliche Hobbyphysiker sind ebenso willkommen wie Nobelpreisträger – falls denn welche Zeit haben. 😉 Ganz besonders freuen wir uns übrigens auf „technische Experten III. Klasse“ aus dem Berner Patentamt.
Gründungszweck, Motivation und Lebensinhalt der Akademie Olympia 2.0 und inniges Bestreben ihrer Mitglieder ist es, neben dem stufenweisen Aufbau eines neuen Weltbildes, nach so langer Zeit und so vielen vergeblichen Versuchen nun endlich eine plausible und überzeugende Lösung zu finden für „Das größte Rätsel der Physik“. (siehe: Themen und Termine)
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Das historische Vorbild
Am 5. Februar 1902 hat Albert Einstein im Berner Stadtanzeiger dieses Inserat aufgegeben (siehe rechts bzw. unten). Er war damals noch ohne feste Anstellung und hat auf diese Weise versucht, sich mit Privatstunden in Mathematik und Physik über Wasser zu halten. Als einer der ersten „Kunden“ meldet sich der Philosophiestudent Maurice Solovine. Später kommt dann auch noch der Mathematiker Conrad Habicht, ein ehemaliger Schulfreund von Albert Einstein dazu. Aus den Privatstunden für Mathematik und Physik werden schnell leidenschaftliche Diskussionen über wissenschaftliche und philosophische Fragen. Und so gründen die drei schließlich mit frechem Witz und feiner Selbstironie die „Akademie Olympia“. Sie essen gemeinsam zu Abend und fachsimpeln nächtelang über die Werke verschiedener Wissenschaftler, nicht zuletzt aber auch über Albert Einsteins eigene Ideen. Sporadisch nehmen auch Bekannte wie Paul Habicht, sein Arbeitskollege vom Patentamt – Michele Besso – sowie seine frühere Kommilitonin und erste Ehefrau Mileva Maric an den Akademieabenden teil.
Auch wenn die Akademie Olympia rein privaten Charakter hatte, gab genau dieser Kreis die entscheidende Impulse, auf denen die bahnbrechenden Arbeiten im Wunderjahr 1905 aufbauten. Das damals noch unangefochten und uneingeschränkt gültige newtonsche Weltbild wurde als Folge dieser Veröffentlichungen von Grund auf erneuert.
Albert Einstein war überzeugt davon, dass die intensiven Diskussionen in der Akademie Olympia seinen Werdegang entscheidend gefördert hatten. Im April 1953, also genau fünfzig Jahre später schreibt er an das Akademiemitglied und seinen langjährigen Freund Maurice Solovine:
„Es war doch eine schöne Zeit damals in Bern, als wir unsere lustige Akademie betrieben, die doch weniger kindisch war, als jene respektablen, die ich später von Nahem kennengelernt habe.“
Albert Einstein
Die Gründungsmitglieder der Akademie Olympia bleiben sich bis ins hohe Alter freundschaftlich verbunden. Sie treffen sich zwar nur noch selten, korrespondieren aber gelegentlich miteinander. Am 3. April 1953 schreibt Albert Einstein mit 74 Jahren in einem Brief an Maurice Solovine eine regelrechte Hymne „An die unsterbliche Akademie Olympia“
An die unsterbliche Akademie Olympia!
In deinem kurzen aktiven Dasein hast du in kindlicher Freude dich ergötzt an allem was klar und gescheit war. Deine Mitglieder haben dich geschaffen, um sich über deine großen, alten und aufgeblasenen Schwestern lustig zu machen. Wie sehr sie damit das Richtige getroffen haben, hab ich durch langjährige sorgfältige Beobachtungen voll zu würdigen gelernt.
Wir alle drei Mitglieder haben uns zum Mindesten als dauerhaft erwiesen. Wenn sie auch schon etwas krächelig sind, so strahlt doch noch etwas von deinem heiteren und belebenden Licht auf unseren einsamen Lebenspfad; denn du bist nicht mit ihnen alt geworden und ausgewachsen wie eine ins Kraut gewachsene Salatpflanze.
Dir gilt unsere Treue und Anhänglichkeit bis zum letzten hochgelehrten Schnaufer! Das nunmehr nur korrespondierende Mitglied
A. E.
Princeton, 3. April 53.
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Quellen: Wikipedia / Wikimedia / www.einstein-website.de / www.menscheinstein.de
Der beste Weg vorwärts zu kommen,
ist loszulassen, was Dich zurückhält
Albert Einstein 1879 – 1955
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